Die aktuelle politische Lage bringt für viele Ärztinnen und Ärzte neue Unsicherheiten – ob in der eigenen Praxis oder im Klinikalltag.
Der Koalitionsvertrag zur Gesundheitspolitik enthält zahlreiche Maßnahmen, die direkte Auswirkungen auf die ambulante Versorgung haben könnten.

Dr. rer. pol. Rudolph Meindl hat für Sie die wichtigsten Punkte eingeordnet und kritisch kommentiert:

Ein Auszug aus dem Koalitionsvertrag zu Punkt 2.4. Gesundheit und Pflege

Hier: Ambulante Gesundheitsversorgung

Präambel: Bekenntnis zur Freiberuflichkeit als unverzichtbares Element für flächendeckende ambulante Versorgung.

1. Anreize zu Niederlassungen in unterversorgten Gebieten werden weiter verbessert.

2. Die Möglichkeit zur Zulassung von Krankenhäusern zur ambulanten Versorgung in unterversorgten Gebieten wird verbessert (dazu wird bei der Ermächtigung in § 116a SGB V das Wort „kann“ durch „muss“ ersetzt werden).

3. Die Förderung von Praxisnetzen soll verbindlich gemacht und ausgebaut werden.

4. (!Die gesetzlichen Vorgaben zum Abbau von Überversorgung durch den Aufkauf von Arztsitzen werden von einer „Kann“ in eine „Soll“-Regelung überführt werden.
(Anmerkung: Die unglaublichen Ungereimtheiten, dieser ja schon bestehenden Regelung haben wir in unserem Infobrief ausreichend beschrieben. Eine kaum flächendeckend durchführbare Bestimmung.)

5. Für gesetzlich Versicherte soll die Wartezeit auf einen Arzttermin deutlich reduziert werden.

6. (!) Die Regelung durch die Terminservicestelle ist bekannt, jedoch ist Folgendes interessant: Sollte die für den Regelfall vorgesehene Wartezeit überschritten werden, so wird von der Terminservicestelle ein Termin … zur ambulanten Behandlung in einem Krankenhaus angeboten.

7. (Die von Fachärztinnen und Fachärzten erbrachten hausärztlichen Leistungen sollen zukünftig nicht den hausärztlichen Teil der Gesamtvergütung mindern. Dies gilt auch umgekehrt für von Hausärztinnen und Hausärzten erbrachten fachärztliche Leistungen.

8. (!Der Einsatz von qualifizierten nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen, soll flächendeckend ermöglicht und leistungsgerecht vergütet werden. Modellvorhaben zur Erprobung neuer Formen der Substitution ärztlicher Leistung sollen aufgelegt und evaluiert werden. Je nach Ergebnis werden sie in die Regelversorgung überführt.
(Anmerkung: Grundsätzlich – in genau definierten Fällen – empfehlenswert. Ansonsten: ?)

9. (!Die Koalition hat vor, gesetzlich ein Institut zu begründen, dass dauerhaft und unabhängig die Qualität der ambulanten und stationären Versorgung ermittelt … und dem G-BA Entscheidungsgrundlagen liefern. Die GKVen werden verpflichtet, dem Institut geeignete pseudonymisierte (?) Routinedaten zur Verfügung zu stellen.
(Anmerkung: Was immer das auch heißen mag? – Ein sehr schwieriges Unterfangen.)

Folgende Punkte sind evtl. noch erwähnenswert:

a) Möglichkeit der Gründung von MVZs durch Kommunen (gab es ja schon). Der Hinweis, dass MVZs bei Vergütung und Zulassung im Rahmen des bestehenden Rechts nicht benachteiligt werden, ist meines Erachtens überflüssig.

b) Die Wirtschaftlichkeitsprüfungen werden definiert.

c) Die Krankenkassen bleiben gesetzlich verpflichtet, hausarztzentrierte Versorgung anzubieten.

d) (!) Es wird ein neuer Straftatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen im Strafgesetzbuch geschaffen.
(Anmerkung: Warum nur explizit im Gesundheitswesen?! Siehe hierzu auch die Ausführung im Infobrief)

e) Die Vertreterversammlungen von KBV und KVB werden zu gleichen Teilen aus Haus- und Fachärztinnen bzw. -ärzten gebildet. Über rein hausärztliche Belange entscheiden die hausärztlichen Mitglieder der VV, über rein fachärztliche Belange, die fachärztlichen Mitglieder der VV.

FAZIT
Viel behandelt, einiges versprochen, mal schauen.

Von Bürgerversicherung kein Wort

Dr. rer. pol. Rudolph Meindl
– Diplomkaufmann –
Sachverständiger für die Bewertung
von Arzt- und Zahnarztpraxen
Über 57 Jahre im Dienste der Ärzte